"Störung durch Glücksspielen": Aktualisierte Zahlen für Deutschland und Bayern

Der 2022 veröffentlichte "Glücksspielsurvey 2021 zur Glücksspielteilnahme und glücksspielbezogenen Problemen in der Bevölkerung" des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) weist eine Prävalenz von 2,3% (95% - Konfidenzintervall: 1,9% - 2,7%) für die nach DSM-5-Kriterien klassifizierte "Störung durch Glücksspielen" bei der deutschen Bevölkerung im Alter von 18-70 Jahren aus. Unter diesen Personen besitzen 1,1% (95% - Konfidenzintervall: 0,9% - 1,3%) eine leichte Störung, 0,7% eine mittlere Störung (95% - Konfidenzintervall: 0,6% - 0,9%) und 0,5% eine schwere Störung (95% - Konfidenzintervall: 0,4% - 0,6%).

 

Basierend darauf ergibt sich für Bayern eine geschätzte Anzahl von 209.000 Personen mit einer "Störung durch Glücksspielen", wobei bei 100.000 Personen von einer leichten, bei 63.500 von einer mittleren und bei 45.500 von einer schweren Störung auszugehen ist.

 

Das IFT Institut für Therapieforschung bereitet aktuell einen aktualisierten Kurzbericht zur Lage in Bayern anhand dieser und vorheriger Bevölkerungsstudien vor.

 

Diagnose Glücksspielsucht

Die offizielle Diagnose für Glücksspielsucht lautet „pathologisches (also krankhaftes) Spielen (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO, ICD-10) oder „Störung durch Glücksspielen" (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen der American Psychiatric Association, DSM-5).

 

Störung durch Glücksspielen nach DSM-5

Für die Diagnosestellung müssen mindestens vier der folgenden neun Kriterien innerhalb eines Jahres erfüllt sein:

 

  1. Starke Eingenommenheit vom Glücksspiel, z.B. andauernde Gedanken an Glücksspiel oder Glücksspielerlebnisse. Häufige Überlegungen, wie Geld für das Glücksspielen beschafft werden kann
  2. Toleranzentwicklung, Einsetzen immer höherer Beträge beim Glücksspiel, um den gleichen Effekt bzw. Kick erreichen zu können
  3. Kontrollverlust über Umfang und Dauer des Glücksspiels. Versuche, das Glücksspielen zu beenden oder zu beschränken, schlagen fehl
  4. Entzugserscheinungen beim Versuch, weniger zu spielen, z.B. Unruhe oder Reizbarkeit
  5. Spielen, um Sorgenoder schlechte Gefühle auszugleichen oder zu vermeiden
  6. Versuche, Spielverluste durch erneutes Glücksspiel zurückzugewinnen
  7. Lügen über die Häufigkeit des Spielens und die daraus entstehenden Probleme
  8. Gefährdung/Verlust wichtiger Beziehungen oder beruflicher Chancen wegen Glücksspielens
  9. Verlassen auf die Bereitstellung von Geld durch andere („Freikaufen")

Des Weiteren ist von einem leichten Schweregrad bei 4-5 erfüllten DSM-5-Kriterien, von einem mittleren Schweregrad bei 6-7 erfüllten DSM-5-Kriterien und von einem schweren Schweregrad bei 8-9 erfüllten DSM-5-Kriterien zu sprechen.

 

In Anlehnung an: American Psychiatric Association (2015). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen – DSM-5. Hogrefe Verlag, Göttingen

 

Pathologisches Spielen nach ICD-10

Die Störung zeigt sich durch ein Glücksspielverhalten, das weite Teile des Lebens bestimmt. Wichtige Lebensbereiche, wie z.B. soziale, berufliche und familiäre Verpflichtungen werden dadurch beeinträchtigt.

 

Diagnosekriterien:

  1. Mehrere Glücksspielaktivitäten in einem Zeitraum von mindestens zwölf Monaten
  2. Das Glücksspielen wird fortgesetzt, obwohl es zu Problemen und belastenden Gefühlen führt
  3. Betroffene sind kaum dazu in der Lage, das Glücksspielen zu unterbrechen bzw. zu kontrollieren. Häufig besteht ein starkes Verlangen, erneut zu spielen
  4. Andauernde Gedanken an Glücksspiele oder damit zusammenhängende Ereignisse

 

In Anlehnung an: Dilling, H. (Hrsg.) (2006). Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. Verlag Hans Huber, Bern