Empirische Studien im Rahmen der LSG

Zusammenfassung                                                                                  Status: abgeschlossen
In Deutschland erfüllen 2,4 % der Erwachsenen (Buth et al., 2024) Kriterien einer Glücksspielstörung (GD), was nicht nur sie selbst, sondern auch ihr soziales Umfeld belastet – besonders betroffen sind Kinder. Diese leiden häufig unter psychischen Problemen, insbesondere unter emotionalen Beeinträchtigungen wie Stress, Angstzuständen oder Schuldgefühlen (Castrén et al., 2021; Suomi et al., 2024) und tragen ein erhöhtes Risiko, selbst später Glücksspielprobleme zu entwickeln (Buth et al., 2024). Dennoch fehlen in Deutschland Daten dazu, wie viele Kinder Eltern(teile) mit Glücksspielproblemen haben. Zudem wird bislang kaum berücksichtigt, dass auch Kinder, die nicht mit dem betroffenen Elternteil zusammenleben, belastet sein könnten, da Glücksspielprobleme häufig mit Trennungen und Scheidungen einhergehen.


Projektziel 
Ziel des Projekts im Jahr 2024 war es, mithilfe des Glücksspiel-Survey 2023 erstmals abzuschätzen, wie viele minderjährige Kinder in Deutschland mindestens ein Elternteil mit Glücksspielstörung haben – sowohl in gemeinsamen als auch getrennten Haushalten. Dabei wurden auch Schweregrade der Störung und Lebenssituationen der Kinder berücksichtigt.
 

Ergebnisbericht 
zum Einzelprojekt: Kinder in glücksspielbelasteten Familien – Eine Schätzung der Anzahl betroffener Kinder (2025)https://www.lsgbayern.de/fileadmin/user_upload/lsg/IFT_Materialien/
2025-07-18_Ergebnisbericht_Kinder_von_Eltern_mit_GD.pdf


Publikation
Stefan, N., Schwarzkopf, L., Buth, S., Meyer, G., & Bickl, A. M. (2025). How many children have parents with gambling disorder – a Germany-based estimate. BMC Public Health, 25(1), 2166. https://doi.org/10.1186/s12889-025-23520-7 [Open Access, in englischer Sprache].


Literatur
Buth, S.; Meyer, G.; Rosenkranz, M.; Kalke, J. (2024): Glücksspielteilnahme und glücksspielbezogene Probleme in der Bevölkerung – Ergebnisse des Glücksspiel-Survey 2023. Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD), Hamburg. https://www.isd-hamburg.de/wp-content/uploads/2024/03/Gluecksspielsurvey_2023.pdf
 

Castrén, S., Lind, K., Hagfors, H. & Salonen, A. H. (2021). Gambling-related harms for affected others: a Finnish population-based survey. Int J Environ Res Public Health, 18(18). https://doi.org/10.3390/ijerph18189564
 

Suomi, A., Lucas, N., Dowling, N. & Delfabbro, P. (2024). Gambling harm experienced by children exposed to parental gambling: an online survey of Australians. J Gambl Stud, 40, 181–200. https://doi.org/10.1007/s10899-023-10211-4

Zusammenfassung:
Unterschiedliche psychotherapeutische Interventionen - insbesondere kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze - haben sich in der Behandlung von Menschen mit Glücksspielproblemen als wirksam erwiesen (Maynard et al., 2018; Peter et al., 2019; Eriksen et al., 2023). Allerdings messen viele Studien die Effektivität einer Intervention anhand der Reduktion des Schweregrads der Störung, nicht aber über eine positive Beeinflussung des Glücksspielverhaltens selbst (Eriksen et al., 2023), womit offenbleibt, inwieweit Psychotherapie das Glücksspielverhalten direkt beeinflusst.

Projektziele:
Ziel der geplanten Metaanalyse ist es, die Wirksamkeit therapeutengeleiteter psychotherapeutischer Interventionen auf das Glücksspielverhalten zu untersuchen. Dabei werden verschiedene Therapieformen und Ansätze verglichen. Hauptziel ist es, zu klären, ob solche Interventionen die Spielfrequenz reduzieren. Sekundäre Ziele betreffen Wirksamkeitsunterschiede zwischen Formaten und deren Nachhaltigkeit.

Die Analyse berücksichtigt nur randomisierte kontrollierte Studien mit Erwachsenen, bei denen eine Glücksspielsucht valide diagnostiziert wurde. Ein Random-Effects-Modell und Subgruppenanalysen sollen Aufschluss über besonders effektive Strategien geben. Studien mit Minderjährigen oder Parkinson-Patienten (Evidenz für das Auslösen von Glücksspielverhalten als Nebenwirkung bestimmter Parkinson-Medikamente (Weintraub et al., 2010)) werden ausgeschlossen.

Publikationen:
* Wissenschaftlicher Artikel

Literatur:
Eriksen, J. W., Fiskaali, A., Zachariae, R., Wellnitz, K. B., Oernboel, E., Stenbro, A. W., ... & Petersen, M. W. (2023). Psy-chological intervention for gambling disorder: A systematic review and meta-analysis. J Behav Addict, 12(3), 613-630.

Maynard, B. R., Wilson, A. N., Labuzienski, E., & Whiting, S. W. (2018). Mindfulness-based approaches in the treatment of disordered gambling: A systematic review and meta-analysis. Res Soc Work Pract, 28(3), 348-362

Peter, S. C., Brett, E. I., Suda, M. T., Leavens, E. L., Miller, M. B., Leffingwell, T. R., ... & Meyers, A. W. (2019). A meta-analysis of brief personalized feedback interventions for problematic gambling. J Gambl Stud, 35, 447-464.

Weintraub, D., Koester, J., Potenza, M. N., Siderowf, A. D., Stacy, M., Voon, V., Whetteckey, J., Wunderlich, G. R., & Lang, A. E. (2010). Impulse control disorders in Parkinson disease: a cross-sectional study of 3090 patients. Arch Neurol, 67(5), 589–595. https://doi.org/10.1001/archneurol.2010.65

 

Zusammenfassung:
Nur ein kleiner Teil der Menschen mit Glücksspielproblemen nimmt professionelle Hilfe in Anspruch (Bijker et al., 2022) – oft aufgrund von Scham, fehlender Unterstützung oder struktureller Hürden (Dabrowska et al., 2017; Loy et al., 2019). Selbsthilfeangebote, insbesondere digitale, stellen hierzu eine zugängliche Alternative dar. Sie umfassen vielfältige Formate wie Selbsthilfegruppen, Apps oder Arbeitsmaterialien und ihre Wirksamkeit – auch bei (stoffgebundenen) Suchterkrankungen – wird von Studien belegt (Brandon et al., 2022; Johansson et al., 2017; Goslar et al., 2017). Unklar ist jedoch, wie sich selbstangeleitete Formate im Vergleich zu extern angeleiteten Interventionen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit unterscheiden, wie gut sie hinsichtlich Adhärenz abschneiden und inwieweit ihre Wirksamkeit vom Schweregrad der Glücksspielstörung (GD) beeinflusst wird.

Projektziele:
Das Projekt möchte durch ein Scoping-Review die bestehende Literatur zu selbstgesteuerten Interventionen für Personen mit Glücksspielproblemen (wobei keine formale Diagnose notwendig ist) auswerten, um Wirksamkeit, Zielgruppeneignung und Handlungsempfehlungen für eine bessere Versorgung und gezieltere Selbsthilfeangebote abzuleiten.

Eingeschlossen sind internationale Studien, die vor allem im heimischen Setting mit verschiedenen Formaten (online/offline, Apps, Selbsthilfematerialien), auch mit initialer Fachkraftunterstützung. Berücksichtigt werden qualitative und quantitative Originalstudien sowie sog. „graue Literatur“ aus mehreren wissenschaftlichen Datenbanken. Buchkapitel, Editorials und Studienprotokolle sind ausgeschlossen.

Publikationen:
* Wissenschaftlicher Artikel

Literatur:
Bijker, R., Booth, N., Merkouris, S. S., Dowling, N. A., & Rodda, S. N. (2022). Global prevalence of help-seeking for problem gambling: a systematic review and meta-analysis. Addiction, 117(12), 2972-2985.

Brandon, T. H., Simmons, V. N., Sutton, S. K., Unrod, M., Harrell, P. T., Meade, C. D., ... & Meltzer, L. R. (2016). Extended self-help for smoking cessation: a randomized controlled trial. American Journal of Preventive Medicine, 51(1), 54-62.

Dąbrowska, K., Moskalewicz, J., & Wieczorek, Ł. (2017). Barriers in access to the treatment for people with gambling disorders. Are they different from those experienced by people with alcohol and/or drug dependence?. Journal of Gambling Studies, 33, 487-503.

Goslar, M., Leibetseder, M., Muench, H. M., Hofmann, S. G., & Laireiter, A. R. (2017). Efficacy of face-to-face versus self-guided treatments for disordered gambling: A meta-analysis. Journal of Behavioral Addictions, 6(2), 142-162.

Johansson, M., Sinadinovic, K., Hammarberg, A., Sundström, C., Hermansson, U., Andreasson, S., & Berman, A. H. (2017). Web-based self-help for problematic alcohol use: a large naturalistic study. International Journal of Behavioral Medicine, 24, 749-759.

Loy, J. K., Grüne, B., Braun, B., Samuelsson, E., & Kraus, L. (2019). Help-seeking behaviour of problem gamblers: a narrative review. Sucht, 64(5-6), 259-72.

Zusammenfassung:
Gesundheitsselbstmanagement-Apps wie die App „PlayOff“ der Landesstelle Glücksspielsucht Bayern bieten niederschwellige Unterstützung für Menschen mit Glücksspielproblemen und helfen, Hürden wie Scham oder wahrgenommene Stigmatisierung zu überwinden (Brownlow, 2021; McCurdy et al., 2023). Die verhaltenstherapeutisch ausgerichtete App liefert Informationen zu Hilfemöglichkeiten und ermöglicht die Dokumentation von Daten über das aktuelle Glücksspielverhalten, von individuellen Zielen (z.B. Aufhören oder kontrollierte Fortführung des Spielens) sowie eine Auswahl von Lebensbereichen, durch die alternative Aktivitäten gefördert werden sollen. Eine erste Evaluation ergab, dass die App zwar nur von einem Bruchteil der vielen Personen, die sie heruntergeladen hatten, langfristig genutzt wurde, von dieser kleinen Gruppe aber als besonders hilfreich zur Anpassung ihres Glücksspielverhaltens wahrgenommen und gut angenommen wurde (Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern, 2019). Im Zuge eines Updates sollen neue Funktionen wie Craving-Erfassung und Anbindung an „PlayChange“ integriert werden. Entsprechend ist eine erneute Evaluation der App notwendig.

Projektziele:
Mit der Evaluation sollen einerseits Umfang sowie Art und Weise der Nutzung, als auch das Glücksspielverhalten und dessen Veränderung im Zuge der App-Nutzung untersucht werden.

Publikationen:
* Evaluationsbericht (inkl. konkreten Handlungsempfehlungen)

Literatur:
Brownlow, L. (2021). A review of mHealth gambling apps in Australia. J Gambl Issues, 47.

Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern. (2019). Abschlussbericht zur Evaluation der Selbsthilfe-App PlayOff. Erstellt durch die Geschäftsstelle der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern und das IFT Institut für Therapieforschung. Verfügbar unter: https://www.lsgbayern.de/fileadmin/user_upload/lsg/News/190207_Evaluationsbericht_PlayOff_final.pdf

McCurdy, L. Y., Loya, J. M., Hart-Derrick, V. R., Young, G. C., Kiluk, B. D., & Potenza, M. N. (2023). Smartphone apps for problem gambling: a review of content and quality. Curr Addict Rep, 10(2), 178-186.

 

Zusammenfassung:
Selbsthilfeangebote gelten als wichtige Ergänzung zur professionellen Behandlung von Glücksspielproblemen (Goslar et al., 2017). Sie setzen auf Eigenverantwortung und Autonomie der Teilnehmenden (Lubman et al., 2015). Ein zentraler Bestandteil der Selbsthilfe sind Selbsthilfegruppen, die Betroffenen und Angehörigen den Austausch von Erfahrungen, emotionale Entlastung und gegenseitige Unterstützung ermöglichen (Meyer, 1989; Ferentzy et al., 2006). Allerdings ist unklar, welche Betroffenengruppen (bspw. Frauen, jüngere Menschen) besonders profitieren und wie genau Selbsthilfegruppen aktuell inhaltlich vorgehen.

Projektziele:
Ziel des Projekts ist es, diese Wissenslücken durch teilnehmende Beobachtungen und semistrukturierte Interviews mit den Gruppenleitungen in bayerischen (ggf. bundesweiten) Selbsthilfegruppen zu schließen. Es werden unter anderem Charakteristiken der Zielgruppe, Arbeitsweise, Ansatzpunkte zur Mitgliederbindung und Gestaltungsmöglichkeiten zum effektiven Zusammenspiel mit professioneller Hilfe untersucht.

Publikationen:
* Wissenschaftlicher Artikel

Literatur:
Ferentzy, P., W. Skinner, and P. Antze, Recovery in gamblers anonymous. J Gambl Issues, 2006.

Goslar, M., et al., Efficacy of face-to-face versus self-guided treatments for disordered gambling: a meta-analysis. J Behav Addict, 2017. 6(2): p. 142-162.

Lubman, D.I., et al. Gambler self-help strategies: a comprehensive assessment of strategies and actions. 2015. Gambling Research Australia. Melbourne.

Meyer, G., Glücksspieler in Selbsthilfegruppen – Projektbericht über erste Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. 1989: Hamburg: Neuland.

Zusammenfassung:
Psychische Komorbiditäten sind bei Menschen mit Glücksspielproblemen weit verbreitet (Dowling et al., 2015). Psychotherapie – insbesondere (kognitiv-)verhaltenstherapeutische Ansätze – kann ein wichtiger Teil der ambulanten Behandlung sein (Bodor et al., 2021; Petry et al., 2017). Für Deutschland fehlen jedoch aktuelle Daten über die Art der Einbindung von Psychotherapeut:innen (PT) innerhalb der Versorgungsstrukturen. Eine Studie aus dem Jahr 2009 ergab, dass etwa 30% der bayerischen PTs Behandlungen im Kontext Glücksspiel durchführen (Kraus et al., 2011), lieferte aber kaum Informationen zu Behandlungsverläufen, Herausforderungen oder typischen Patientengruppen.

Projektziel:
Ziel des Projekts ist es, diese Lücken durch qualitative Interviews mit niedergelassenen PTs zu schließen. Dabei werden Patient:innenprofile, Therapieablauf, Zusammenarbeit mit anderen Hilfsangeboten sowie Herausforderungen und Verbesserungspotenziale der psychotherapeutischen Versorgung von Menschen mit Glücksspielproblematik untersucht.

Publikationen:
* Wissenschaftlicher Artikel

Literatur:
Bodor D, Ricijaš N, Filipčić I. Treatment of gambling disorder: review of evidence-based aspects for best practice. Curr Opin Psychiatry. 2021;34(5):508-13.

Dowling NA, Cowlishaw S, Jackson AC, Merkouris SS, Francis KL, Christensen DR. Prevalence of psychiatric co-morbidity in treatment-seeking problem gamblers: A systematic review and metaanalysis. Aust N Z J Psychiatry. 2015;49(6):519-39.

Kraus L, Sassen M, Kroher M, Taqi Z, Bühringer G. Beitrag der Psychologischen Psychotherapeuten zur Behandlung pathologischer Glücksspieler: Ergebnisse einer Pilotstudie in Bayern. Psychotherapeutenjournal. 2011; 2: 152-6.

Petry NM, Ginley MK, Rash CJ. A systematic review of treatments for problem gambling. Psychol Addict Behav. 2017; 31(8): 951-61.

Zusammenfassung:
Psychische Komorbiditäten sind bei Menschen mit Glücksspielstörung (GD) weit verbreitet (Dowling et al., 2015). Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze haben sich in der Behandlung von problematischem Glücksspielverhalten als besonders effektiv erwiesen (Bodor et al, 2021; Petry et al., 2017), weshalb ambulante Psychotherapie eine relevante Behandlungsoption innerhalb ambulanter Behandlungsangebote darstellen könnte. Allerdings fehlen aktuelle Daten dazu, wie stark Psychotherapeut:innen (PT) in Deutschland in die Versorgung eingebunden sind. Eine Studie aus dem Jahr 2009 ergab, dass etwa 30 % der bayerischen PTs Behandlungen im Kontext von Glücksspiel durchführen, wobei durchschnittlich zwei Personen aufgrund glücksspielbedingter Probleme (Selbstbetroffen: 55,7%, Angehörige: 44,3%) pro PT behandelt wurden, meist mit verhaltenstherapeutischen Methoden (Kraus et al., 2011). Ob diese Zahlen heute noch gelten, ist unklar.

Projektziel:
Auf Basis von Abrechnungsdaten aller in Bayern an der Versorgung beteiligten Vertragsärzt:innen und -psychotherapeut:innen möchte das Projekt ermitteln, (1) wie viele Menschen mit GD in Bayern innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung ambulant psychotherapeutisch behandelt werden (2) welche demografischen und psychischen Merkmale diese Personen aufweisen und (3) wie typische Therapieabläufe aussehen.

Publikationen:
* Studienkurzbericht Querschnitt
* Artikel Längsschnitt

Literatur:
Bodor D, Ricijaš N, Filipčić I. Treatment of gambling disorder: review of evidence-based aspects for best practice. Curr Opin Psychiatry. 2021; 34(5): 508-13.

Dowling NA, Cowlishaw S, Jackson AC, Merkouris SS, Francis KL, Christensen DR. Prevalence of psychiatric co-morbidity in treatment-seeking problem gamblers: A systematic review and meta-analysis. Aust N Z J Psychiatry. 2015;49(6):519-39.

Kraus L, Sassen M, Kroher M, Taqi Z, Bühringer G. Beitrag der Psychologischen Psychotherapeuten zur Behandlung pathologischer Glücksspieler: Ergebnisse einer Pilotstudie in Bayern. Psychotherapeutenjournal. 2011; 2: 152-6.

Petry NM, Ginley MK, Rash CJ. A systematic review of treatments for problem gambling. Psychol Addict Behav. 2017; 31(8): 951-61.

Zusammenfassung:
Problematisches Glücksspielverhalten hat gravierende Folgen für Betroffene und ihr soziales Umfeld wie beispielsweise finanzielle Schwierigkeiten oder psychische Probleme wie Angst oder Stress (Langham et al., 2015). Doch nur wenige Betroffene suchen Hilfe – Männer häufiger als Frauen (Wagner & Schwarzkopf, 2022). Hinderungsgründe sind oftmals Angst vor Stigmatisierung, die Überzeugung, das Problem allein lösen zu können (Suurvali et al., 2009) und mangelndes Wissen über Hilfsangebote (Gainsbury et al., 2014). Insbesondere bei Frauen spielen auch strukturelle Barrieren, wie etwa Fürsorgeverpflichtungen oder eingeschränkte Mobilität, eine Rolle, was die Nutzung digitaler Angebote attraktiver macht (Kaufman et al., 2014). Inwiefern diese geschlechterübergreifenden und -spezifischen Mechanismen auf Beratungsangebote der Glücksspielhilfe in Bayern übertragbar sind, ist bislang unzureichend erforscht.

Projektziel:
Das Projekt will durch qualitative Interviews mit Männern und Frauen in Bayern untersuchen, wie sich deren Glücksspielprobleme äußerten, wie sie Zugang zu Hilfsangeboten fanden und welche Erfahrungen sie damit machten. Ziel ist es, geschlechterbezogene Unterschiede in Bedürfnissen und Erwartungen zu erkennen, um Beratungsangebote passgenauer gestalten zu können.

Publikationen:
* Wissenschaftlicher Artikel

Literatur:
Gainsbury S, Hing N, Suhonen N. Professional help-seeking for gambling problems: awareness, barriers and motivators for treatment. J Gambl Stud. 2014;30(2):503-19.

Kaufman A, Jones Nielsen JD, Bowden-Jones H. Barriers to Treatment for Female Problem Gamblers: A UK Perspective. J Gambl Stud. 2017;33(3):975-91.

Langham E, Thorne H, Browne M, Donaldson P, Rose J, Rockloff M. Understanding gambling related harm: A proposed definition, conceptual framework, and taxonomy of harms. BMC Public Health. 2015; 16:1-23.

Suurvali H, Cordingley J, Hodgins DC, Cunningham J. Barriers to seeking help for gambling problems: a review of the empirical literature. J Gambl Stud. 2009;25(3):407-24.

Wagner M, Schwarzkopf L. Strukturanalyse des ambulanten Suchthilfesystems in Bayern - Überarbeitete Fassung vom 28.02.2022 nach Abschluss „Reflexionsworkshop". München; 2022.

 

Zusammenfassung:
Eine Glücksspielstörung wirkt sich negativ auf Gesundheit, Finanzen und soziale Beziehungen aus (Abbott, 2020). Die zugrunde liegenden Motive für das Spielen beeinflussen verschiedene Aspekte des Glücksspielverhaltens und unterscheiden sich oft nach Geschlecht (Flack & Stevens, 2019). Männer spielen eher aus Reiz- oder Gewinnmotiven, Frauen häufiger aus Fluchtgründen (Ledgerwood & Petry, 2006; Lloyd et al., 2010). Da erfolgreiche Beratungs- und Betreuungsarbeit insbesondere auch an Motiven ansetzt, ist ein besseres Verständnis dieser Unterschiede für eine gendersensible Prävention, Beratung und Therapie erforderlich.

Projektziel:
Ziel der Studie ist es, mithilfe anonymisierter Daten des niedrigschwelligen Online-Selbsttests der Landesstelle Glücksspielsucht Bayern (LSG) [„Verspiel nicht dein Leben“] geschlechterspezifische und -übergreifende Glücksspielmotive bei Menschen mit Glücksspielstörung zu identifizieren und zu analysieren, welche dieser Motive den Übergang in schwerwiegendere Ausprägungen begünstigen – um darauf aufbauend passgenaue Beratungsangebote zu entwickeln.

Publikationen:
* Wissenschaftlicher Artikel

Literatur:
Abbott MW. The changing epidemiology of gambling disorder and gambling-related harm: public health implications. Public Health. 2020; 184:41-5.

Flack M, Stevens M. Gambling motivation: Comparisons across gender and preferred activity. International Gambling Studies. 2019;19(1):69-84.

Lloyd J, Doll H, Hawton K, Dutton WH, Geddes JR, Goodwin GM, et al. How psychological symptoms relate to different motivations for gambling: An online study of internet gamblers. Biological Psychiatry. 2010;68(8):733-40.

Ledgerwood DM, Petry NM. Psychological experience of gambling and subtypes of pathological gamblers. Psychiatry Research. 2006;144(1):17-27.

 

Ansatz: CaSE ist eine internationale Vergleichsuntersuchung zur Gesetzgebung, Nutzung, Akzeptanz und möglichen Verbesserungen im Bereich der Spieler:innensperren in sieben Ländern: Finnland, Deutschland, Italien, Massachusetts (USA), Norwegen, Schweden und Victoria (Australien). Hierbei wurden die verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Glücksspielregulierung  und auf Spieler:innensperren im Allgemeinen einer vergleichenden Bewertung unterzogen. Zusätzlich wurden die Perspektiven unterschiedlicher Stakeholder:innen in den jeweiligen Ländern zu gesetzliche Anforderungen, Möglichkeiten zur Verbesserung, Inanspruchnahme sowie die Umsetzung von Spielersperren adressiert. 

Kernergebnisse: Es zeigte sich, dass sich die Regulatorien und die Gesetzeslage erheblich in der Art und Weise sowie in der Umsetzung und Durchsetzung von Spieler:innensperren unterscheiden. Die Stakeholder:innenbefragung zeigte auf, dass in allen Ländern die gemeinsame Einschätzung vorherrschte, dass die Effektivität von Spieler:innensperren hauptsächlich durch die unzureichende Durchsetzung bestehender (teilweise unzureichender) Regularien beeinträchtigt wird. Um die Spieler:innensperre zu einer wirksamen Maßnahme zu machen, die Glücksspieler:innen und ihre Angehörigen vor finanziellen, sozialen und psychischen Schäden schützt, muss die Nutzung durch Reformen der rechtlichen Vorschriften und der Ausschlussbedingungen erheblich gesteigert werden. 

Publikationen 

  • Kraus, L., Loy, J. K., Bickl, A. M., Schwarzkopf, L., Volberg, R. A., Rolando, S., Kankainen, V. E., Hellman, M., Rossow, I., Room, R., Norman, T., & Cisneros Örnberg, J. (2022). Self-exclusion from gambling: A toothless tiger? Frontiers in Psychiatry, 13. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2022.992309
  • Kraus, L., Bickl, A. M., Hellman, M., Kankainen, V. E., Loy, J. K., Neyer, M., Norman, T., Rolando, S., Room, R., Rossow, I., Volberg, R., & Cisneros Örnberg, J. (2024). Voluntary self-exclusion from gambling: Expert opinions on gaps and needs for improvement. Nordic Studies on Alcohol and Drugs, 1-18. https://doi.org/10.1177/14550725241264628 

Ansatz: TESSA-Studie ist experimentelle Pilot-Studie, die sich mit Spielunterbrechungen (Zwangspausen während des Online-Glücksspiels) befasst. Gesunde Proband:innen nahmen an einem simulierten Online-Glücksspiel teil, um die Auswirkungen von Spielpausen auf Spieleinsätze, das subjektiv wahrgenommene Stressniveau, Verlangen (Craving) und physiologische Erregung zu beobachten. 

Kernergebnisse: Die erste Analyse des physiologischen Arousals deutet darauf hin, dass obligatorische Spielpausen möglicherweise dazu beitragen, Veränderungen im physiologischen Erregungsniveau während des Glücksspiels auszugleichen und zur Rückkehr auf das Ausgangsniveau beizutragen. Indes scheinen Pausen keine langfristige Wirkung auf die anfängliche körperliche Errgung zu haben. 

Publikationen: 

  • Schwarzkopf, L., Bickl, A., Daniel, J., Papastefanou, G., Neyer, M. A., Gomes de Matos, E., Hoch, E., Olderbak, S., Kraus, L., & Loy, J. K. (2024). Do breaks in online gambling affect neuropsychological arousal? Conceptual approach and lessons learned from the TESSA-pilot trial. Addictive Behaviors Reports, 19, 100530. doi.org/10.1016/j.abrep.2024.100530

Definition, Maßnahmen, Wirksamkeit einzelner Responsible-Gambling-Maßnahmen, Status quo in Deutschland, Kritik

Lucia Sedlacek, Francesca Linke, Johanna Loy, Nicki-Nils Seitz & Ludwig Kraus

In Deutschland werden Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen mittels Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV, 2008) und Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV, 2012) in §6 Sozialkonzept zur Anhaltung von Spielenden zu verantwortungsbewusstem Spiel und zur Vorbeugung der Entstehung von Glücksspielsucht verpflichtet. Anbieter von Glücksspielen müssen hierzu Sozialkonzepte entwickeln und gemäß der Vorgaben des Anhangs „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht “ u.a. Datenerhebungen über Auswirkungen angebotener Glücksspiele auf die Entstehung von Glücksspielsucht, Personalschulungen in Früherkennung problematischen Spielverhaltens sowie Aufklärung von Spielenden hinsichtlich Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten und Suchtrisiken durchführen. Zudem müssen zum Spielerschutz getroffene Maßnahmen berichtet werden.

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Verbesserung der Spieler:innensperren-Ausgestaltung

Paulina Wulff, Lucia Sedlacek, Johanna Loy, Nicki-Nils Seitz, Francesca Linke & Ludwig Kraus

Im Rahmen der Forschungstätigkeiten des IFT Institut für Therapieforschung für die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayernwurde die VeSpA-Interviewstudie zur Erfassung von Optimierungsbedarf und -möglichkeiten der Spieler:innensperre in Deutschland durchgeführt. In der Studie wurden alle am Prozess einer Spieler:innensperre beteiligten Akteur:innen befragt. Hierunter befinden sich Personen mit Glücksspielproblemen sowie deren Angehörige, Fachkräfte der Suchthilfe, Mitarbeitende der Spielbanken und Spielhallen und Spieler:innenschutzbeauftragte. Ziel der Studie ist die Darlegung von Haltung, Wissen und Einstellung verschiedener Personengruppen zur Spieler:innensperre sowie darauf aufbauend eine Ableitung des entsprechenden Optimierungsbedarfs.

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Im Rahmen der Forschungstätigkeiten des IFT Institut für Therapieforschung in der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wird seit Dezember 2014 die Katamnese Studie durchgeführt. In der Studie werden Klient:innen ambulanter Suchthilfeeinrichtungen in Bayern über einen längeren Zeitraum mehrfach befragt. Ziele der Studie sind die Erfassung und Beurteilung des Verlaufs von glücksspielbezogenen Störungen und die Identifikation von möglichen Einflussfaktoren auf diesen Verlauf. Die Ergebnisse der Katamnese Studie sollen dabei helfen, Empfehlungen zur Optimierung der Beratungs- und Behandlungspraxis auszuarbeiten.

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Im Rahmen der Forschungstätigkeiten des IFT Institut für Therapieforschung wurde im Zeitraum von Januar 2014 bis Juli 2016 die Münchener Freizeit Studie durchgeführt. Im Fokus der Studie stand die Untersuchung der Entwicklung von pathologischem Glücksspielen bei jungen Männern, sowie die Identifikation von Faktoren, die mit pathologischem Glücksspielen assoziiert sind. Es wurden soziale und individuelle Risikofaktoren bei der Entwicklung von pathologischem Glücksspielen erfasst. Die Studie untersuchte in einer Querschnittbefragung und einer Längsschnittbefragung bayerische Männer zwischen 18 und 26 Jahren.

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