Glücksspielsucht: Eine globale Krise
Durch die Untersuchung dieser Schäden deckt die Kommission die Überschneidungen zwischen den sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Determinanten der Gesundheit auf. Die Kommission beleuchtet das immer komplexer werdende kommerzielle Ökosystem des Glücksspiels und seine digitale Transformation, die dem Glücksspiel beispiellose Möglichkeiten bietet. Die Kommission fordert Regierungen und politische Entscheidungsträger auf, das Glücksspiel als ein Problem der öffentlichen Gesundheit zu behandeln - genau wie andere süchtigmachende und gesundheitsschädliche Güter wie Alkohol und Tabak - und gibt Empfehlungen zur Verhinderung und Milderung des breiten Spektrums von Schäden, die mit dem Glücksspiel verbunden sind.
Insbesondere Online-Glücksspiele sind gefährlich, da die hohe Geschwindigkeit der Spiele das Belohnungssystem im Gehirn der Nutzer:innen kapert und sie so in die Irre führt. Hinzu kommt die permanente Verfügbarkeit rund um die Uhr – wer ein Handy hat, kann jederzeit und überall zocken. Heather Wardle, Sozialwissenschaftlerin der Universität Glasgow, erklärt: „Hochentwickeltes Marketing und Technologie machen es leichter, mit dem Glücksspielen anzufangen, und schwerer, damit aufzuhören.“ Das Aufhören werde zudem durch ein ausgeklügeltes Spieldesign erschwert. Anbieter machen es den Nutzer:innen schwer, Spielkonten zu schließen und ihr Geld herauszuziehen.
Laut der Kommission wird Glücksspiel jährlich weltweit rund 80 Millionen Erwachsenen zum Verhängnis. Kristiana Siste, Psychiaterin an der Universitas Indonesia, betont, dass Glücksspielsucht zu einer Krise ohne Grenzen geworden ist, die Menschen und Gesellschaften weltweit betrifft. Diese 80 Millionen abhängigen Spieler:innen sind nur die Spitze des Eisbergs. Zählt man jene hinzu, die riskant spielen, steigt die Zahl auf 450 Millionen Menschen pro Jahr. Auch sie spüren bereits die negativen Konsequenzen.
Der Wachstumskurs der Glücksspielbranche sei gewaltig, sagt eine Forscherin. Die Verluste der Spieler:innen steigen rasant, von 75 Milliarden Dollar im Jahr 2021 auf 200 Milliarden Dollar im Jahr 2030. Die Wissenschaftler:innen fordern daher die Politik auf, den Zugang zu Glücksspielen stärker zu beschränken. Ebenso sollte Werbung für Glücksspiele eingeschränkt und Marketing sowie Sponsoring reduziert oder verboten werden. Gleichzeitig müssen die Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene verstärkt werden
Auch Konrad Landgraf, Geschäftsführer der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern und Suchtexperte, schließt sich dem Urteil der Forscher:innen an: Landgraf fordert bereits seit vielen Jahren eine Einschränkung der Werbung für Glücksspiele, eine Reduzierung der Einsatzlimits und die Stärkung und den Ausbau der Hilfeangebote. Landgraf: „Eine Glücksspielstörung ist eine ernsthafte Erkrankung, die sowohl für die betroffenen Personn als auch für deren Umfeld weitreichende negative Folgen haben kann.“